Ich nehme eine überreife Kiwi aus der Obstschale, setze mich an einen der Tische in der Mitarbeiterkantine und lege eine Schweigeminute für alle armen Seelen, die genau jetzt Kiwis wie diese pflücken müssen, ein. Ich schneide sie in zwei Hälften und fange an, den dunkelgrünen Matsch auszulöffeln, während ich meine Freude darüber, dass ich diese Kiwi überhaupt essen kann, kaum im Zaum halten kann. Nach einer Woche hat mein Magen das Rebellieren endlich aufgegeben, denn so großzügig wie ich bin habe ich den Virus nicht einfach weggeworfen, sondern an meine vielen netten Mitarbeiter verschenkt, die nun ein paar freie Tage im Bett, oder auf der Toilette genießen können. Genesen kann ich nun zusehen wie es innerhalb einer Woche praktisch die gesamte Belegschaft zerlegt, und über ein paar bezahlte Überstunden im Rahmen der Hotelkontaminierung freut sich natürlich auch jeder, der gesund geblieben ist.
Der Job des Portiers ist vielfältig. Vor allem aber tragen wir Türsteher eine große Verantwortung, da die ersten sind, anhand derer sich der ankommende Gast ein Bild von unserer großen Schlafzimmervermietung machen kann, und natürlich sind wir auch die ersten, die alle neuen Krankheiten, die ankommende Gäste mit sich bringen, ausprobieren dürfen. An ruhigeren Tagen stehen wir uns allerdings nicht stundenlang die Füße in den Bauch, sondern halten das Kaminfeuer am brodeln, starten neue Filme im Kino, zerren durchnässte Handtücher aus dem Pool, polieren goldene Türgriffe und Ornamente, unterhalten uns mit Gästen, bringen Gerichte in die Zimmer, machen Betten und reinigen Bäder und Kühlschränke in Zimmern von genervten Gästen, die die Zimmermädchen wohl irgendwie übersehen haben. Und nachts machen wir einen langen bezahlten Spaziergang durch die ganze Siedlung und kontrollieren, dass auch nirgendwo eingebrochen wird. Mit Kriminalität hat man hier ja sehr zu kämpfen.
An meine immer glatt gebügelte Uniform habe ich mich mittlerweile gut gewöhnt, und auch alle Einzelheiten des Jobs sind mir nach einigen Wochen Praxis bekannt geworden. Das Hotel kenne ich wie meine Hosentasche (die in meiner Uniform leider sehr klein ist, und natürlich immer vor Trinkgeld platzt), und Gästen, die trotz umfangreicher Beschilderung gar nicht zurecht finden, weise ich gerne den Weg. Während der Pausen in meiner achtstündigen Schicht genieße ich das umfangreiche Menü der Kantine (Kartoffeln, Kartoffeln, Kartoffeln, Nudeln, Kartoffeln, Kartoffeln, ekelhafter Eierkuchen, Kartoffeln...) das ich mittlerweile auswendig kenne, und führe den gewohnten Smalltalk mit meinen Kollegen. Aber nicht alles ist hier so toll wie es scheint, sei es noch so gut poliert... lasst mich ein wenig von der Schichtarbeit plaudern.
Dienstplankompetenz
Übringens: Ich arbeite in Schichten. Neben den normalen Schichten wie Spät- und Frühschicht gibt es hier natürlich auch noch eine Auswahl an exotischeren Schichten, das hat man sich wohl von der Speisekarte des Restaurants abgeschaut. Da ist zum Beispiel die 16 Stunden Schicht, die man einlegen muss, wenn der Kollege am Abend krank ist („Krank“, denn man hat natürlich vorher im Gemeinschaftsraum gehört, wie er mit anderen über seine Pläne für diesen Tag gesprochen hat), oder die komische Zwischenschicht, die praktisch jederzeit beginnen kann. Am liebsten aber wir Portiers alle die Nachtschicht, die jeder von uns mal ertragen muss, wenn der Nachtportier seine zwei Tage frei hat. Mich hat es leider ein Bisschen anders erwischt, denn eine Nachtschicht hatte ich vorher noch nie gemacht, und mit der guten Absicht mir noch ein Bisschen Training zu ermöglichen, hat mein sehr dienstplankompetenter Chef mich gleich vier Nächte hintereinander eingeteilt – das war vor zwei Wochen. Überstanden habe ich es mit viel Schlafmangel (auch eine Woche nach der Schicht noch) recht souverän, und scheinbar habe ich meinen Job so gut gemacht, dass ich nächste Woche noch einmal zwei Nächte die ganze Lounge putzen darf. Ich glaube, meine Augenringe werde ich bis dahin nicht mehr los...
Schicht im Schacht
Eine sinnvolle Erfahrung war die Nachtschicht trotzdem, genau wie die Schichtarbeit generell. Ich bin mir jetzt ziemlich sicher, dass ich später keinesfalls dauerhaft in einem Schichtsystem arbeiten möchte, weil mir mein Schlafrhythmus einfach zu wichtig ist. Und überhaupt, auch mein Aufenthalt hier war eine mehr als sinnvolle Erfahrung, immerhin war dies mein erster bezahlter Job auf meiner Reise. Und es wird mein letzter gewesen sein, denn in 6 Wochen geht es nach Hause.
6 Wochen! Um Gottes Willen, wie schnell die Zeit mal wieder vergangen ist. Es kommt mir wie gestern vor als ich Mitte März hier oben ankam, und meine Arbeit, die ich mit viel Glück durch eine zufällige Bewerbung im Internet gefunden hatte, antrat. Meine Stelle war für eine Dauer von drei Monaten ausgeschrieben, doch schon damals wusste ich, dass ich das kaum einhalten werden kann (Start: 15. März, Ende: 15. Juni, Heimflug: 16. Juni), und genau heute ist es mit meiner schriftlichen Kündigung eine Tatsache geworden, dass ich meinen Job an den Nagel (mit Kopf) hänge. Am 17. Mai ist mein letzter Arbeitstag, und am 20. Mai werde ich Whakapapa verlassen.
Grund für meine Kündigung war sehr Vieles. Ich kann anfangen mit der Unterkunft, die als Einzelzimmer mit Schreibtisch und Verpflegung zwar sehr komfortabel, wegen feiernden Mitbewohnern aber auch sehr laut ist, oder mit meiner bisher fehlende Reise auf der Nordinsel - schließlich will ich noch etwas vom Land sehen, bevor ich mich im Juni in meinen Flieger setze. Und das ist die Stelle, an der ich euch von meinem Mitarbeiter Michael (Mike) erzählen muss. Michael arbeitet hier schon sehr lange (er selbst besteht darauf, dass er seit 1929 hier ist), und ist unter den Mitarbeitern sehr bekannt. Vor einigen Jahren hatte er einen schweren Autounfall, dem er nur mit anhaltendem psychischem Schaden entkommen konnte, und deshalb ist er auch ein Bisschen anders als die anderen, das aber in keinem negativen Sinne, im Gegenteil: Er würde nie jemandem auch nur ein Haar krümmen. Mich mag er (warum auch immer), und er hat schon sehr viel für mich getan: Mich bei Krankheit zum Arzt gefahren, mir eine Heizung für mein kaltes Zimmer besorgt, oder mir sein Auto geliehen. Und genau das ist der Punkt: Er ist bereit, mir sein Auto zu leihen, und das sogar für mehrere Wochen. Wie viel Geld und Mühe mir das im Vergleich zu einem Mietwagen spart, ist unfassbar, und jetzt nach meiner Kündigung bin ich am Planen, wie meine letzten Wochen im Land der langen weißen Wolke aussehen sollen. Noch mal auf die Südinsel, alte Freunde besuchen? Die Nordinsel erkunden? Noch einmal die tolle Atmosphäre eines WWOOFing Hosts erleben? So viele Möglichkeiten und so wenig Zeit! Aber in den zwei Wochen die mir hier noch bleiben habe ich viel Zeit, das alles zu planen und zu entscheiden. Jetzt ist mein Kopf auch endlich wieder frei, denn die letzten Tage konnte ich von morgens bis abends nichts anderes denken als „Wann soll ich kündigen?“ Schon diese Tatsache war eigentlich Grund genug, es heute zu tun, und mir geht es mit der getroffenen Entscheidung auch schon viel besser. Jetzt habe ich Zeit für Pläne.
Genossen habe ich meine Zeit hier keinesfalls so sehr wie viele Zeiten vorher, aber diesen Kompromiss bin ich mit der Möglichkeit, ein Bisschen Geld zu verdienen, eingegangen. Wie gesagt: Es war sicher eine wertvolle Erfahrung, und so ein renomiertes Hotel macht sich bestimmt auch gut im Lebenslauf! In meiner Freizeit bin ich hier viel durch die vulkanische Öde gewandert, und als mich meine Autotour-Freundin Nike vor zwei Wochen besucht hat, habe ich mich mit ihr auch an das legendäre Tongariro Alpine Crossing gewagt, das ziemlich cool war! Es ist so viel passiert, von dem ich euch erzählen könnte... aber damit dieser Eintrag endlich mal veröffentlicht wird, spare ich mir das bis zum nächsten Mal auf. Jetzt habe ich mich zumindest mal gemeldet, wenn auch nicht in lyrischer Höchstform, und ein Bisschen von meiner Zeit hier erzählt. Ich hoffe ich lüge nicht wenn ich sage, dass ich mich bald wieder melde, und damit verabschiede ich mich für heute. Ein paar neue Bilder könnt ihr euch übrigens hier ansehen, und meine Faktensammlung über Neuseeland ist auch fertig! In diesem Sinne: Viele Grüße aus der Ferne, eure alte Blechlaterne – man liest sich!
Der Job des Portiers ist vielfältig. Vor allem aber tragen wir Türsteher eine große Verantwortung, da die ersten sind, anhand derer sich der ankommende Gast ein Bild von unserer großen Schlafzimmervermietung machen kann, und natürlich sind wir auch die ersten, die alle neuen Krankheiten, die ankommende Gäste mit sich bringen, ausprobieren dürfen. An ruhigeren Tagen stehen wir uns allerdings nicht stundenlang die Füße in den Bauch, sondern halten das Kaminfeuer am brodeln, starten neue Filme im Kino, zerren durchnässte Handtücher aus dem Pool, polieren goldene Türgriffe und Ornamente, unterhalten uns mit Gästen, bringen Gerichte in die Zimmer, machen Betten und reinigen Bäder und Kühlschränke in Zimmern von genervten Gästen, die die Zimmermädchen wohl irgendwie übersehen haben. Und nachts machen wir einen langen bezahlten Spaziergang durch die ganze Siedlung und kontrollieren, dass auch nirgendwo eingebrochen wird. Mit Kriminalität hat man hier ja sehr zu kämpfen.
An meine immer glatt gebügelte Uniform habe ich mich mittlerweile gut gewöhnt, und auch alle Einzelheiten des Jobs sind mir nach einigen Wochen Praxis bekannt geworden. Das Hotel kenne ich wie meine Hosentasche (die in meiner Uniform leider sehr klein ist, und natürlich immer vor Trinkgeld platzt), und Gästen, die trotz umfangreicher Beschilderung gar nicht zurecht finden, weise ich gerne den Weg. Während der Pausen in meiner achtstündigen Schicht genieße ich das umfangreiche Menü der Kantine (Kartoffeln, Kartoffeln, Kartoffeln, Nudeln, Kartoffeln, Kartoffeln, ekelhafter Eierkuchen, Kartoffeln...) das ich mittlerweile auswendig kenne, und führe den gewohnten Smalltalk mit meinen Kollegen. Aber nicht alles ist hier so toll wie es scheint, sei es noch so gut poliert... lasst mich ein wenig von der Schichtarbeit plaudern.
Dienstplankompetenz
Übringens: Ich arbeite in Schichten. Neben den normalen Schichten wie Spät- und Frühschicht gibt es hier natürlich auch noch eine Auswahl an exotischeren Schichten, das hat man sich wohl von der Speisekarte des Restaurants abgeschaut. Da ist zum Beispiel die 16 Stunden Schicht, die man einlegen muss, wenn der Kollege am Abend krank ist („Krank“, denn man hat natürlich vorher im Gemeinschaftsraum gehört, wie er mit anderen über seine Pläne für diesen Tag gesprochen hat), oder die komische Zwischenschicht, die praktisch jederzeit beginnen kann. Am liebsten aber wir Portiers alle die Nachtschicht, die jeder von uns mal ertragen muss, wenn der Nachtportier seine zwei Tage frei hat. Mich hat es leider ein Bisschen anders erwischt, denn eine Nachtschicht hatte ich vorher noch nie gemacht, und mit der guten Absicht mir noch ein Bisschen Training zu ermöglichen, hat mein sehr dienstplankompetenter Chef mich gleich vier Nächte hintereinander eingeteilt – das war vor zwei Wochen. Überstanden habe ich es mit viel Schlafmangel (auch eine Woche nach der Schicht noch) recht souverän, und scheinbar habe ich meinen Job so gut gemacht, dass ich nächste Woche noch einmal zwei Nächte die ganze Lounge putzen darf. Ich glaube, meine Augenringe werde ich bis dahin nicht mehr los...
Schicht im Schacht
Eine sinnvolle Erfahrung war die Nachtschicht trotzdem, genau wie die Schichtarbeit generell. Ich bin mir jetzt ziemlich sicher, dass ich später keinesfalls dauerhaft in einem Schichtsystem arbeiten möchte, weil mir mein Schlafrhythmus einfach zu wichtig ist. Und überhaupt, auch mein Aufenthalt hier war eine mehr als sinnvolle Erfahrung, immerhin war dies mein erster bezahlter Job auf meiner Reise. Und es wird mein letzter gewesen sein, denn in 6 Wochen geht es nach Hause.
6 Wochen! Um Gottes Willen, wie schnell die Zeit mal wieder vergangen ist. Es kommt mir wie gestern vor als ich Mitte März hier oben ankam, und meine Arbeit, die ich mit viel Glück durch eine zufällige Bewerbung im Internet gefunden hatte, antrat. Meine Stelle war für eine Dauer von drei Monaten ausgeschrieben, doch schon damals wusste ich, dass ich das kaum einhalten werden kann (Start: 15. März, Ende: 15. Juni, Heimflug: 16. Juni), und genau heute ist es mit meiner schriftlichen Kündigung eine Tatsache geworden, dass ich meinen Job an den Nagel (mit Kopf) hänge. Am 17. Mai ist mein letzter Arbeitstag, und am 20. Mai werde ich Whakapapa verlassen.
Grund für meine Kündigung war sehr Vieles. Ich kann anfangen mit der Unterkunft, die als Einzelzimmer mit Schreibtisch und Verpflegung zwar sehr komfortabel, wegen feiernden Mitbewohnern aber auch sehr laut ist, oder mit meiner bisher fehlende Reise auf der Nordinsel - schließlich will ich noch etwas vom Land sehen, bevor ich mich im Juni in meinen Flieger setze. Und das ist die Stelle, an der ich euch von meinem Mitarbeiter Michael (Mike) erzählen muss. Michael arbeitet hier schon sehr lange (er selbst besteht darauf, dass er seit 1929 hier ist), und ist unter den Mitarbeitern sehr bekannt. Vor einigen Jahren hatte er einen schweren Autounfall, dem er nur mit anhaltendem psychischem Schaden entkommen konnte, und deshalb ist er auch ein Bisschen anders als die anderen, das aber in keinem negativen Sinne, im Gegenteil: Er würde nie jemandem auch nur ein Haar krümmen. Mich mag er (warum auch immer), und er hat schon sehr viel für mich getan: Mich bei Krankheit zum Arzt gefahren, mir eine Heizung für mein kaltes Zimmer besorgt, oder mir sein Auto geliehen. Und genau das ist der Punkt: Er ist bereit, mir sein Auto zu leihen, und das sogar für mehrere Wochen. Wie viel Geld und Mühe mir das im Vergleich zu einem Mietwagen spart, ist unfassbar, und jetzt nach meiner Kündigung bin ich am Planen, wie meine letzten Wochen im Land der langen weißen Wolke aussehen sollen. Noch mal auf die Südinsel, alte Freunde besuchen? Die Nordinsel erkunden? Noch einmal die tolle Atmosphäre eines WWOOFing Hosts erleben? So viele Möglichkeiten und so wenig Zeit! Aber in den zwei Wochen die mir hier noch bleiben habe ich viel Zeit, das alles zu planen und zu entscheiden. Jetzt ist mein Kopf auch endlich wieder frei, denn die letzten Tage konnte ich von morgens bis abends nichts anderes denken als „Wann soll ich kündigen?“ Schon diese Tatsache war eigentlich Grund genug, es heute zu tun, und mir geht es mit der getroffenen Entscheidung auch schon viel besser. Jetzt habe ich Zeit für Pläne.
Genossen habe ich meine Zeit hier keinesfalls so sehr wie viele Zeiten vorher, aber diesen Kompromiss bin ich mit der Möglichkeit, ein Bisschen Geld zu verdienen, eingegangen. Wie gesagt: Es war sicher eine wertvolle Erfahrung, und so ein renomiertes Hotel macht sich bestimmt auch gut im Lebenslauf! In meiner Freizeit bin ich hier viel durch die vulkanische Öde gewandert, und als mich meine Autotour-Freundin Nike vor zwei Wochen besucht hat, habe ich mich mit ihr auch an das legendäre Tongariro Alpine Crossing gewagt, das ziemlich cool war! Es ist so viel passiert, von dem ich euch erzählen könnte... aber damit dieser Eintrag endlich mal veröffentlicht wird, spare ich mir das bis zum nächsten Mal auf. Jetzt habe ich mich zumindest mal gemeldet, wenn auch nicht in lyrischer Höchstform, und ein Bisschen von meiner Zeit hier erzählt. Ich hoffe ich lüge nicht wenn ich sage, dass ich mich bald wieder melde, und damit verabschiede ich mich für heute. Ein paar neue Bilder könnt ihr euch übrigens hier ansehen, und meine Faktensammlung über Neuseeland ist auch fertig! In diesem Sinne: Viele Grüße aus der Ferne, eure alte Blechlaterne – man liest sich!